Dienstag, 22. Mai 2012

Montréal 2012 - so könnte es 1968 gewesen sein

Scheint, also könnte ich 1968 nochmal in einer Neuinszenierung erleben. Ich kann mich ja noch vage noch an die Anti US Graffitis gegenüber des MGF Gymnasiums erinnern - wegen Vietnam usw. - so um 1972 vielleicht. Damals konnte ich das allerdings noch nicht zuordnen - da fehlte mir logischerweise  noch mein politisches Koordinatensystem. Was sich aber momentan in Québec und vor allem in Montreal abspielt, könnte echt eine Neuauflage eines Massenprotestes einer gesamten Generation sein. Somit auch weit mehr als nur ein Protest gegen  ein bißchen mehr Kosten eines Studiums. Hier gehts um "systemrelevantes" - so wie 1968. Mein Timing dagegen ist wie immer schlecht - damals zu jung, heute zu alt. Nun denn.


Sagenhaft. Heute ist der einhundertste Tag des "Studentenaufstandes". Vor ein paar Tagen wurde über Nacht ein Gesetz verabschiedet welches unangekündigte Demonstrationen für absolut verboten und illegal erklärt und drakonische Strafen androht. Dieses - sicherlich komplett verfassungsfeindliche und vollkommen idiotische - Gesetz führt dazu, daß sich langsam aber sicher auch die letzten auf die Seite der Studis schlagen.

Heute gab es eine Massendemo in Montreal - sicherlich die Größte seit Beginn des Konfliktes. Mehrere meiner Kollegen mußten ihre Zentren am Nachmittag schließen, da unsere Kollegen und Mitarbeiter geschlossen demonstrieren gingen.

(Bilder von der La Presse webseite) Da mittlerweile jedwede Ansammlung von 50 oder mehr Menschen genehmigt werden muß, gleitet das ganze in eine satirische Veranstaltung ab. Die Polizeistationen werden mit Anrufen, in etwa wie folgt, geflutet: "wir haben eine Versammlung, da und da, und wir sind mehr als 50 Leute usw.". Eine Frau hat angerufen und gesagt, sie wolle nur - sicherheitshalber - die Polizei ordnungsgemäß darüber informieren, daß sie jetzt ihre Wohnung verlassen würde (mit Addresse) und zum Depanneur ginge. Einkaufen.

Jeden Abend gibt es die mittlerweile traditionellen "Nachtdemos" und meistens geht die Polizei - sofern man dieses Wort hier verwenden kann - unglaublich aggressiv vor. Die Bilder welche ich von den staatlichen Ordnungshütern hier sehe erinnern mich in der Tat eher an SA oder SS Truppen, bzw. an die Trooper in Star Wars und ich frage mich wer hier eigentlich welche Rechtsstaatlichkeit überwacht. Wozu diese unglaubliche Aggressivität und Gewalt?? Bürgerkriegsähnliche Szenen spielen sich ab und die Situation spitzt sich immer weiter zu. Wegen ein paar Dollar für Studiengebühren?? Ich bin mir sicher, daß man mittlwerweile mit den ganzen Kosten für den Bulleneinsatz die Hälfte der Quebecer Studis finanzieren könnte.

Die "sonstige"  Bevölkerung trifft sich jetzt abends so ziemlich an allen größeren Stassenkreuzungen und veranstaltet spontane "illegale" Versammlungen. Zwischen 20 Uhr und 20 Uhr 30. Dazu wird auf mitgebrachten Küchenutensilien Lärm gemacht. Ich fahr echt ab.

Gerade auf dem Nachahauseweg vom Fußballmatch gab es mehrere davon - sehr witzig und ironisch.  

Es lebe der zivile Ungehorsam.

Ach ja, angeglich haben die USA eine "Reisewarnung" für Québec ausgesprochen, d.h. US Bürger werden vor möglichen Risiken aufgrund der "Krise" gewarnt. Die Yankees halt, besorgt und paranoid wie immer. Oiso, poaßts auf Leid, wanns ihr nachede Quebec kommts .......


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