Dienstag, 2. Juli 2013

Das legendäre Haus vom Friedlein am Reisighof

Die nachfolgenden Zeilen sind pur "anektodisch" und können nur von "Insidern" - wenn überhaupt, nachvollzogen werden.  Kaddl und Sven bauen das Haus demnächst um und ich streue hiermit mal meine Gedanken ein .. ich hatte immerhin das Vergnügen einige Jahre in dem Haus wohnen zu dürfen.


Also, zur Abwechslung mal ein paar "familiäre" Gedanken. Das famöse Haus vom Friedlein am Reisighof. Friedlein war wohl ein "Visionär" für die damalige Zeit (um 1920). Er hat, wenn ich das richtig verstanden habe, aus "ehrempfinden" einen, so würde man es heute ausdrücken, "one night stand" geheiratet obwohl er  - eigentlich - seiner großen Liebe verpflichetet war. Danach hat er, eine "menage à deux" gegründet - wie so viele dieser Tage. Letzteres weil der "one night stand" letztlich doch nicht schwanger war - wie eigentlich behauptet. Er war also "verheiratet" und gleichzeitig hatte er seine wahre Liebe als "Maitresse". Geil, die Frenchies haben dafür jede Menge Beschreibungen. Die Tante erzählt immer von der "Oma Friedlein" wobei ich jetzt nicht genau sagen kann ob das dann die Frau oder die Geliebte war. Ich glaube die Geliebte denn die Frau ist irgendwann gestorben. Wie dem auch sei. Friedlein (der Onkel von unserem Opa Müller), baute sich also dieses "Auszugshaus" am Reisighof. Den Ort hat er sehr gut gewählt, sicher auch aus praktischen Gründen, wie z.B. der Nähe zum eigentlichen Hof. Aus heutiger Sicht würde ich den Standort der Scheune oben an der Kante hinten zur "Saugrube" noch besser finden. Totale Ruhe, schöner Blick auf das Fichtelgebirge und direkt am Waldrand.


Aber damals zählten sicherlich andere Werte und Nöte. Es gab noch keinen Durchgangsverkehr und keinen Schneeräumdienst usw. - mit anderen Worten - die räumliche Nähe zum Hof war der überwiegende Vorteil.

Gebaut 1924, dann von Friedlein bewohnt und nach dem Krieg als Flüchtlingsbehausung genutzt. Dieser Zeit fielen wohl auch einige Dinge wie z.b. der Kachelofen zum Opfer. Friedlein hat das Haus ja wohl auch selbst geplant und z.B. das Erkerzimmer mit speziell dafür geschreinerten Möbeln ausgestattet (Schreibtisch).

In den 60er Jahren wurde dann vermietet soweit ich mich erinnere. Die Flüchtlinge waren weg und wenn ich mich recht entsinne, war oben eine Wohnung und eine unten. Allerdings müßte dann das Bad gemeinsam genutzt worden sein. Kann ich mir eigentlich nicht vorstellen denn es gab nur Zugang durch das jetzige Wohnzimmer. Die Tür im Bogen existierte nicht.

Die WG hat das Haus dann um ca. 1980 übernommen und unsere Eltern haben die zwei Jahre irgendwie überstanden. Was ne Zeit. Bißchen verspätete Sixties. Rock`n Roll. Hans Martin hat im Innhof den Unterboden vom Fiat 500 geschweißt - damit man rankam wurde das Fahrzeug auf die Seite gelegt. Seine SR 500 hat er im Winter mit in sein Zimmer genommen. Tammasch hatte mal ne Zeitlang eine Sammlung älterer Autos gegenüber - bis Vater ihn vor die Wahl gestellt hat: weg mit dem Schrott oder Auszug. Also weg mit dem Schrott.

Sämtliche  Bands und Künstler welche um diese Zeit im JUZ aufgetreten sind, haben da übernachtet. Was für Parties. Der angelsächsische Biker welcher zufällig vorbeikam und dann ein paar Monate da gewohnt hat. Sein Essen und die Unterkunft mußte er sich schließlich irgendwann beim Holzmachen im Wald verdienen - er meinte einmal, wirklich beeindruckt, "Tante würde mehr arbeiten als jeder Mann".
 Gelegentlich habe ich oben in der Wiese übernachtet da ich so ziemlich der Einzige war der damals früh aufstehen mußte (Lehre) - sehr früh. Oder als die zwei Feministinnen aus der Berliner Hausbesetzerszene da waren. Da gab es auch einen mittelprächtigen Skandal in Kulmbach. HM war irgendwann davon überzeugt, daß wir vom Verfassungsschutz überwacht werden würden. Bei einem Konzert kam mal ein Anruf von einem Anwohner aus See welcher meinte, es ginge ihn ja nicht viel an, aber er würde einfach gerne wissen, wann das ganze mal wieder aufhören würde.  Vater wurde wohl oft gefragt was da mit der "Kommune auf dem Reisighof" los ist. Usw. usw. - eine bewegte Vergangenheit also - aber wir werden alle ruhiger die meisten von uns jedenfalls.

Zurück zum Haus. 

Der Treppenaufgang z.B. ist geil gemacht. Der Raum welcher sich nach allen Seiten öffnet mit seinen ganzen Türen.

Nach heutigen Maßstäben ist es natürlich nicht mehr Standard. Keine Wohnküche z.B. - aber die Lage ist unübertroffen und das zählt. Ich bin jedenfalls gespannt was Kaddl und Sven da umsetzen werden. Bis die Tage.

p.s. Liese und Elfie: ihr wißt doch bestimmt besser Bescheid als ich über die 60er und frühen 70er Jahre, oder??




4 Kommentare:

  1. Also: Oma Friedlein war die Geliebte, sie hat Mann und Sohn verlassen (den legendären einbeinigen "Ferdelmo", der jeden Tag mit seinem VW-Käfer am Reisighof mal so vorbeifuhr auf dem Weg zur Jagd und ins Wirtshaus), dieser hatte 4 Kinder, die er nicht wirklich ernährte. Seine Frau brachte die Kinder mit der kleinen Landwirtschaft in Spitzeichen durch, der Ferdelmos Hans brauchte seine Kriegsrente nämlich selbst. Zum Ausgleich und als Wiedergutmachung nahm Oma Friedlein nach dem Tod ihres inzwischen Ehemannes (Friedlein hat sie kurz vor seinem Tod 1956 geheiratet) ihre Enkeltochter Helga zu sich und "zog sie auf". So nannte man das damals. Aber das sind alles ordentliche Leute geworden. Übrigens hatte der "Ferdelmos Hans" auch eine Geliebte, die Frau Wirtin von der Leiten!
    Nun zu den Wohnverhältnissen: Ich mußte lachen bei der Vorstellung, das Bad wurde wohl von 2 Familien benutzt: Keine Familie benutzte das Bad - das war außer Funktion! Man wusch sich am Waschbecken oder badete in so einer Blechbadewanne in der Küche. Wohnung oben, d. h. es gab im Flur oben einen Wasserhahn mit Ausgussbecken, das waren die sanitären Einrichtungen. Das Ehepaar Hempfling, das da wohnte, hatte aber den ersten Fernseher auf dem Reisighof. Wir sind alle angetrabt, saßen aufgereiht auf Küchenstühlen und haben z. B. "Melissa" (ein Krimi)angeschaut.
    Lang lang ist's her ......
    Elisabeth

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  2. Das ist wirklich interessant, was das Haus schon für Geschichten geschrieben hat... Und was Eure WG Zeit betrifft, ist wohl besser man weiß net Alles ;-) Lustig ist jedenfalls, dass diverse Leute, die wir bisher engagiert haben, das Haus noch von früher kennen... Nun liegt es in unsrer Hand, die Geschichten fortzuschreiben. Fangen wir erstmal mit dem Umbau an, der uns grad bezüglich Planung und Organisatorischem auf Trab hält. Naja, im Herbst soll scho mal das Dach gemacht werden. LG, die Häuslaumbauer

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  3. Ich hab übrigens immer gedacht das wäre "Viertelmann" - nicht "Ferdelman". Der olde Joger.

    Melissa - da muß ich mal auf Youtube gucken - das gibts bestimmt noch.

    Bezüglich Fernsehen: die Mutter hat mich damals mal, mitten in der Nacht geweckt und ich durfte Mondlandung gucken. Geil oder??

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